In den Gottesdienste
der Christuskirche Schweinfurt
am
10.05.2020 um 9:30
und
10:15
von Pfr.
Wolfgang Weich
Liebe Gemeinde!
Kantate heißt unser Sonntag. Auf
deutsch: „Singet“.
Das ist der Sonntag, an dem man besonders an die Kirchenmusik denkt –
bei uns an Martin Hub an der Orgel. Aber der darf sich jetzt wegen
der Sicherheitsbestimmungen gar nicht zu uns herab beugen.
Und
an Erna Rauscher, die die Saitenklänge organisiert. Oder an die Band
Spiritu, die bei den Konfirmationen gespielt hätte, oder moderne,
elektronische Musik. Oder an unseren Posaunenchor. Oder ...
Danke
Ihnen allen!
Aber ich glaube, ganz, ganz wichtig sind WIR als Gemeinde, dass wir alle mit-singen.
So heißt ja unser Sonntag: „Singet, singet zum Lobe Gottes!“
Warum?
Na,
dass wir heute endlich wieder mal in der Kirche zusammen sind.
ABER,
so heißt es für heute auch: Bitte möglichst wenig singen,
weil
beim
Singen so viel Atemluft und Aerosole in die Luft gehen können. Und
die können auch Viren mittragen.
Hm. Jetzt ist es wie mit dem halb-leeren Glas. Sollten wir – statt IHN zu loben – Gott nicht viel mehr unser Leid klagen. Dass er uns dieses seltsame Virus in die Welt geschickt hat, das Menschen krank macht und leiden lässt, das unser ganzes bisheriges Leben in Frage stellt.
„Ich
hör die Botschaft: Jesus lebt.
Doch seh ich nur: Die Welt
erbebt,
weil Krankheit herrscht und Tod und Krieg.
Wo find
ich Jesu Ostersieg?
Herr, steh mir bei!“
Hört,
hört:
Auch die Klage kann ich mit dem Singen vor Gott
bringen.
Und das ist wirklich besser, als dass ich meine
Unzufriedenheit in mich hinein fresse.
Und es ist wunderbar, dass wir diese Zeilen sogar miteinander hinkriegen, dass wir dabei – mit Hilfe der Orgel – harmonieren, auf einer Welle zusammenschwingen?
Es tut schon gut, wenn man miteinander singt:
Auch wenn es – wegen der Masken – heute vielleicht sehr verhalten klingt,
und
wir können dieses Lied sogar für uns daheim singen
und
spüren dabei, dass wir nicht alleine sind, weil es schon vor uns
gesungen wurde und weiterhin gesungen wird.
In der Musik, beim Singen kommen wir zueinander. Bei der Klage, auch im Schmerz, aber dann auch in unserer Dankbarkeit und in der Lebensfreude – „Lobe den Herren, den mächtigen König!“
… Aber natürlich, das wissen wir alle: Musik können auch fürchterlich stören.
Weil sie jetzt nicht passt oder zu laut ist, z.B.
Oder weil diese, diese „Klänge“ nun überhaupt nicht meinem Geschmack entsprechen.
Vielleicht, weil die Musik mich spüren lässt, dass ich nicht dazu gehöre.
So
war es offenbar auch bei den Pharisäern, damals, als Jesus nach
Jerusalem zog. Die Leute hatten deswegen einfach Lust zu singen,
sie
hatten Lust, Gott zu loben.
Aber genau dadurch fühlten sich die pharisäischen Gottesmänner angegriffen: Gott müsse man mit großem Eifer, aber „bitte, doch nicht mit Freude und Spaß“ – verstehen Sie das?!
Jesus antwortet ganz seltsam: „Wenn ihr sie zum Schweigen bringt, dann werden die Steine schreien.“ Aber dazu gleich.
Dass Lust und Freude auch unter Christen immer mal als gotteslästerlich verdächtigt wurden, das wissen wir natürlich auch.
Dahinter steckte sicher auch die Angst der Machthaber davor, dass immer mehr Menschen durch das Singen neues Selbstbewusstsein erlangen und sich dann gegen sie wenden könnten.
Oder – auch das kann sein – dass sich die Menschen gegen den guten Gott und gegen das Gute auflehnen.
Lieder
können nämlich gegrölt werden, und schlimmer:
sie können
abgrenzen und aufhetzen.
Menschen, die im Gleichklang singen
und marschieren, können furchtbar gefährlich werden,
weil sie
sich einer Gruppe, besser gesagt „dem Führer“ unterordnen,
weil
sie dann ihre
Persönlichkeit und ihr Gewissen vergessen können – auch das
wissen wir aus der Geschichte nur zu gut.
Die
Folge war, dass so manche Musik, jüdische z.B. oder die großartige
Virtuosität der Sinti und Roma, zum Schweigen gebracht wurde –
und
wirklich (da
hatte Jesus Recht:)
Da schreien die Steine der
Konzentrationslager bis heute. Und es ist ganz wichtig, dass wir auch
in den nächsten 75 Jahren auf dieses Schreien
hören.
Musik
ist nicht immer lustig.
Musik
kann sogar abgrenzen und agressiv machen.
Gleichwohl
ist
Musik ein
wunderbares Mittel, um uns zusammen zu finden – aber bitte geleitet
durch die Liebe, nicht durch Hass.
Wir
glauben, dass Gott – auch wenn es paradoxerweise
in
seiner Schöpfung auch
Leid
gibt und Böses,
– wir glauben trotzdem, dass Gott die Liebe
ist.
Dass ausgerechnet der gekreuzigte Jesus von ihm auferweckt
wurde, um zu verkünden, dass Leben und Miteinander siegen werden.
Deswegen
ist es gut, IHM Lob zu singen
– oder auch ihm zu klagen –
.
Es ist gut, dass wir Musik machen in der Bereitschaft, dass
Gott selbst in
unser Lied mit einstimmt.
So wie vor 3000 Jahren – jedenfalls wird das in der Bibel erzählt. Da weihten die Israeliten ihren Tempel Gott. König Salomo lud die Menschen ein, zum Gotteslob zu singen. Hören wir auf den Predigttext:
Und es war, als wäre es einer, der trompetete und sänge, als hörte man eine Stimme loben und danken dem Herrn. Und als sich die Stimme der Trompeten, Zimbeln und Saitenspiele erhob und man den Herrn lobte: »Er ist gütig, und seine Barmherzigkeit währt ewig«, da wurde das Haus erfüllt mit einer Wolke, mit der Herrlichkeit des Herrn.
… (Nicht Aersole also, sondern Gottes Herrlichkeit.)
Heute,
in Zeiten von Corona,
bedeuten Gotteslob und Nächstenliebe,
dass wir vernünftig und
vorsichtig
sind, bedacht auf den notwendigen Abstand zu unseren Nächsten …
Und dass wir vielleicht nicht ganz so laut singen, wie wir könnten.
Egal.
Der HERR wird uns hören, und vielleicht singt er einfach mit.
Immerhin sind wir ja 2 oder 3, die in seinem Namen versammelt
sind.
AMEN.
Singen wir:
„Lobe den Herren, den mächtigen König der Ehren“.