Fotoshooting: Nach der ihn beeindruckenden Präsentation des Energie-Einsparprojekts f.i.t. fotografierte Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm die dafür Verantwortlichen (von links) Christuskirchenpfarrer Wolfgang Weich, Roland Kotsch (Job Center Stadt), Energieberater Rolf Sixt, KASA-Leiter Uwe Kraus und Diakoniechef Jochen Keßler-Rosa.
Schweinfurter Tagblatt, 08.07.2014 Bericht: Hannes Helferich, Foto: Josef Lamber
Wenn Energie arm macht, helfen die Berater des f.i.t. – Diakonie präsentiert erfolgreiches Beratungsprojekt
Der Heizlüfter, den ein Discounter anbietet, kostet zwar nur 14,99 Euro. Die dicke Rechnung kommt später, weil das auf den ersten Blick so günstige Elektrogerät ein katastrophaler Stromfresser mit enormem Verbrauch ist. „Wenn man da eine andere Lösung findet, rechnet sich das “, sagt Uwe Kraus am Sonntag in der Christuskirche – und Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm nickt.
Der Baubeginn der evangelischen Kirche auf der Maibacher Höhe vor 50 Jahren war der Anlass für den hohen Besuch. Zwischen Gottesdienst und Gemeindefest im Freien legten die Verantwortlichen eine Gesprächsrunde mit dem Kirchenoberen unter der Überschrift „f.i.t. beim Energiesparen – Gegen Armut und für gutes Leben“.
f.i.t. steht dabei für „fördern, initiativ werden, teilhaben“ und ist ein Diakonie-Projekt zur Armutsprävention. In Schweinfurt bietet diese Energiespar-Beratung seit 2012 die Abteilung „Kirchliche Allgemeine Sozialarbeit“ (KASA) des Diakonischen Werks an. Kraus ist der KASA-Leiter.
Bei einem solchen Anlass nicht nur feiern, sondern auch Probleme diskutieren, das gefiel dem Landesbischof, der schon in seiner Predigt zuvor viel Nachdenkliches geäußert und ganz konkret die deutschen Waffenexporte in alle Welt kritisiert hatte. Im Gotteshaus wurde Bedford-Strohm das von der evangelisch-lutherischen Landeskirche unterstützte Projekt (mit 140 000 Euro für drei Jahre) präsentiert. Dass es sich zur Erfolgsgeschichte entwickelt hat, registrierten der Bischof und die Zuhörer mit Genugtuung.
Auslöser waren die vielen Haushalte, denen der Strom abgestellt wird. Sie konnten die Rechnungen mit teils auffällig hohem Kilowattverbrauch nicht mehr finanzieren. Nach Zahlen der Diakonie gab es 2012 in Schweinfurt in über 500 Haushalten Stromsperren, viermal so hoch waren die von den Stadtwerken verschickten Ankündigungen, dass eine Abschaltung droht. „Energiearmut ist eine Falle“, sagte Diakoniechef Jochen Keßler-Rosa bei der Kurzvorstellung des Projekts.
KASA hält mit „f.i.t.“ dagegen. Schirmherrin ist Renate Käser, die Landessynodalin aus Euerbach. Eine Mitarbeiterin, die von der Diakonie aus Eigenmitteln und Spenden bezahlt wird, berät Energieschuldner und schickt zum Energiecheck einen der mittlerweile 20 ehrenamtlichen Energieberater in die ratsuchenden Haushalte. Fast logisch ist, dass in die Energie-Schuldenfalle vorwiegend Hartz-IV-Empfänger und ältere Menschen tappen. Kraus bemängelte, dass im Regelsatz für Sozialhilfeempfänger „zu wenig für Strom drin ist“.
Einer der Energieberater ist Rolf Sixt, der einen Einblick in seine Arbeit gab. Bei einem ersten Hausbesuch werden relevante Daten per Checkliste erfasst, der Verbrauch aller Elektrogeräte gemessen. Dann folgt eine Beratung. Weil man sehr private Bereiche berührt, etwa nach dem Verhalten beim Wäschewaschen fragt oder wissen will, „wie gekocht wird“, müsse Vertrauen aufgebaut werden. Nach etwa einem halben Jahr werden unter anderem die Zählerstände kontrolliert und Empfehlungen herausgegeben, beispielsweise diesen oder jenen Stromfresser zu ersetzen.
„Das Potenzial an Einsparmöglichkeiten ist groß, wenn man die Leute richtig berät“, sagte Kraus und erwähnte hier besonders den Einsatz des Pioniers und jetzigen f.i.t.-Projektleiters Siegfried Fuchs. Werden die Ratschläge umgesetzt, so schätzt die Diakonie, spart der Betroffene um die 30 Prozent im Jahr oder in konkreten Zahlen 100 bis 400 Euro.
Dickes Lob gab es für das Projekt vom städtischen Job-Center. Die Dienststelle stieg 2013 ein, und veranstaltete mit Erfolg Informationen für jeweils bis zu 150 Leistungsberechtigte, die „nicht mehr in der Lage waren, ihre Stromrechnungen zu zahlen“, schilderte Leiter Roland Kotsch. Mittlerweile muss jeder, der beim Job-Center ein Darlehen haben will, vorher zur Energieberatung, sonst kriegt er keines.
Der Landesbischof war vom Projekt begeistert, weil es eine Lösung anbiete und die Möglichkeit biete, „das Leben eigenverantwortlich selbst in die Hand zu nehmen“. Zudem verbinde es die zwei wichtigen Themen „soziale Gerechtigkeit und Ökologie miteinander“. Bedford-Strohm forderte ein Festhalten am Ausbau der regenerativen Energien und kritisierte die Versuche, sie als zu teuer darzustellen. Ganz im Gegenteil sei es nötig, die Wirtschaft umzubauen und den Anteil der alternativen Energien behutsam zu erhöhen. Denn, so Bedford-Strohm: „Wenn es so weitergeht, dann brauchen wir 2030 eine zweite Erde, die haben wir nur nicht.“
Kontakt zur Anlaufstelle KASA unter Tel. (0 97 21) 20 87 102.